Im Kreuzgang
Vergleicht man die Klosteranlage mit einem menschlichen Organismus, dann kann man den Kreuzgang als Hauptschlagader bezeichnen. Er diente nämlich nicht nur als Gang, als Erholungs-, Beratungs- und Leseort für die Mönche, sondern er verbindet zugleich die wichtigsten Gebäude des Klosters untereinander und mit der Kirche.
Der Heidenheimer Kreuzgang liegt an der Nordseite der Kirche. Hier wurden einst die geistvollen Gespräche um die rechte Form des Glaubens geführt, hier trug man bei Prozessionen das Kreuz voran, deshalb auch der Name Kreuzgang. Hier wandelten die Mönche in Gedanken oder im Gebet versunken. Darum leuchtet es ein, dass der Kreuzgang besonders schön ausgestaltet und mit Bildern bemalt war. Der gotische Kreuzgang hatte einen Vorläufer an der gleichen Stelle. Anders lassen sich die schönen romanischen Portale nicht deuten, die aus der Kirche in den Kreuzgang führen.
Nach der Auflösung des Klosters in der Zeit der Reformation dienten die ehemaligen Mönchswohnungen über dem Kreuzgang den Beamten, die hier die Klostergüter verwalteten. Die schönen gotischen Gewölbe blieben zum großen Teil bis heute erhalten, wenn auch eine Zeitlang Waschküchen und Holzlegen eingebaut waren. Das ursprüngliche Maßwerk in den Fenstern war freilich völlig ausgeschlagen und wurde in jüngster Zeit erneuert. Unsere sonst so nüchterne Zeit findet für derartige Stätten mittelalterlicher Frömmigkeit doch wieder Verständnis Nun kann der Kreuzgang wieder das werden, was er einmal war: ein Ort der Stille und Einkehr in unserer lärmerfüllten Zeit.