Jakobusweg
Als Jakobsweg (spanisch Camino de Santiago) wird eine Anzahl von Pilgerwegen durch Europa bezeichnet, die alle das angebliche Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela in Galicien (Spanien) zum Ziel haben. In erster Linie wird darunter der Camino Francés verstanden, jene hochmittelalterliche Hauptverkehrsachse Nordspaniens, die von den Pyrenäen zum Jakobsgrab führt und die Königsstädte Jaca, Pamplona, Estella, Burgos und León miteinander verbindet. Diese Route, so wie sie heute noch begangen wird, entstand in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts.
In Deutschland begann die Ausweisung von Wegen erst 1992, als der evangelische Pfarrer Paul Geißendörfer zusammen mit sechs Jakobusgemeinden einen Pilgerweg von Nürnberg nach Rothenburg ob der Tauber realisierte. Dieser Weg wurde bis 1995 in Zusammenarbeit mit dem Fränkischen Albverein und dem Oberpfälzer Waldverein zum Fränkischen Jakobsweg ausgebaut, der von Tillyschanz über Schwandorf, Nürnberg, Heilsbronn nach Rothenburg ob der Tauber führt. Als Referenzprojekt für eine entsprechend den Bestimmungen des Europarats historisch genaue Route gilt der Pilgerweg von Nürnberg über Ulm nach Konstanz, der zwischen 1995 und 1999 nach zwei Berichten spätmittelalterlicher Jakobspilger in enger Anlehnung an den Verlauf einer Reichsstraße erarbeitet wurde. Seit 1999 erarbeiten die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe das Projekt Wege der Jakobspilger im Rheinland und in Westfalen.
Im Mai 2003 wurde der Münchner Jakobsweg eingeweiht, der vom Angerkloster am Jakobsplatz in München nach Bregenz zum Bodensee führt und dort in die Schweizer Jakobswege einmündet. In den 1990 hinzugekommenen Bundesländern entstand 2003 als erste Route der Ökumenische Pilgerweg im historischen Verlauf der Via Regia von Görlitz nach Vacha. Dort anschließend wurde von 2009 bis 2013 der Sächsische Jakobsweg im Zuge der Frankenstraße bzw. Via Imperii zwischen Bautzen bzw. Königsbrück und Hof, verbunden mit dem Jakobsweg Vogtland und dem Jakobsweg Silberberg, wieder ausgewiesen.
Seit 2005 werden die Wege der Jakobspilger in Norddeutschland mit den beiden Hauptstrecken Via Baltica von Usedom nach Osnabrück und Via Jutlandica von Frederikshavn nach Glückstadt, letztere in dänisch-deutscher Zusammenarbeit, erarbeitet.
In Hessen verlaufen vier Wege der Jakobspilger. Einer orientiert sich am Verlauf des historischen Fernhandelsweges von Leipzig nach Frankfurt am Main (Des Reiches Straße). Ein anderer führt von Eisenach kommend zusammen mit dem Elisabethpfad über Marburg und Siegen nach Köln. Der dritte Weg beginnt in Wetzlar und führt als sogenannter Lahn-Camino über Koblenz bis nach Bingen am Rhein. Ein weiterer Elisabethpfad führt von Frankfurt über Wetzlar nach Marburg.
Ein anderer Zweig in Rheinland-Pfalz führt als Fortsetzung von Frankfurt/Main kommend über Mainz und anschließend auf dem historischen Ausoniusweg über Bingen nach Trier.
Inzwischen bilden die Jakobswege in Deutschland ein umfangreiches Wegenetz, bestehend aus über 30 Teilstrecken.
Jakobusweg Nürnberg-Ulm-Konstanz
Der Jakobsweg verläuft von Nürnberg über Schwabach, Kammerstein, Abenberg, Kalbensteinberg, Gunzenhausen, Markt Heidenheim, Oettingen, Nördlingen, Neresheim, Giengen, Elchingen, Ulm, Erbach, Oberdischingen, Äpfingen, Biberach, Steinhausen, Bad Waldsee, Weingarten, Ravensburg, Brochenzell, Markdorf, Meersburg, Konstanz. Von dort aus liegt es nahe, durch die Schweiz Richtung Einsiedeln, Bern und dann nach Genf zu gehen.
Nach Ulm verlässt der Jakobsweg Bayern. Den 160 Kilometer langen Abschnitt zwischen Ulm und Konstanz am Bodensee nennt man dann den "oberschwäbischen Jakobsweg".
Der Weg bis zum Bodensee ist mit einer gelben Muschel auf blauem Grund markiert.
Spirituelle Besonderheiten
Etwa 27 Kilometer nach Nürnberg stößt man bei Kammerstein mitten im Wald am Rugstein im Heidenberg auf eine immer offene Jakobuskapelle. Sie wurde auf Initiative des Bürgermeisters Walter Schnell und des damaligen Pfarrers Martin Bek-Baier errichtet und 2013 eingeweiht. In der Beschreibung zu dem Gotteshaus heißt es "Mit der Jakobuskapelle als ökumenisches Zeichen in der Natur wurde ein Raum für neue Spiritualität geschaffen. Es soll ein Ort sein, an dem Menschen Ruhe finden und Hilfe und Orientierung erfahren können."
In Kalbensteinberg steht das "fränkische Schatzkästlein", die reich geschmückte Rieterkirche St. Maria und Christophorus. In ihr befinden sich ein alter Palmesel (zur Erinnerung an den Einzug Jesu nach Jerusalem), eine Madonna mit Kind und eine russchische Ikone.
Noch einmal etwa 45 Kilometer weiter davon entfernt, trifft man auf das Kloster Heidenheim. Von hier aus wurde vor rund 1300 Jahren mit dem angelsächsischen Abt Wunibald und seiner Schwester Walburga Franken christianisiert. Seit der Reformation ist die romanische Klosterkirche (1160-1180) mit gotischem Chor evangelisch. Im Osten der Kirche befindet sich der ehemalige Klostergarten mit einem sogenannten Heidenbrünnlein. Mit diesem Wasser soll der Hl. Wunibald getauft haben.
Über den Weg schreibt Peter Westrup: "Der Jakobsweg ist immer noch ein religiöser Weg, über dem eine leise Melodie schwebt wie ein alter Gesang aus vergangenen Zeiten, nur hörbar für den, der sie hören will. Sie klingt verführerisch und erzählt uns, was war, was vergangen ist und was noch ist. Doch der Weg ist kein Trampelpfad wie sein Bruder in Spanien, auf dem enthusiastische Scharen jugendlicher Pilger jubelnd und jauchzend durch das Land ziehen, sondern ein stiller Weg der Besinnung und der inneren Einkehr."
Zwei besondere Pilgergebete
Aus der Jakobuskapelle am Rugstein im Heidenberg
Gott segne deine Wege, die sicheren und die tastenden,
die einsamen und die begleiteten,
die leichten wie die mühevollen.
Gott segne deinen Weg mit Atem über die nächste Biegung hinaus,
mit unermüdlicher Hoffnung, die vom Ziel singt, das sie nicht sieht,
mit dem Mut, stehen zu bleiben, und der Kraft weiterzugehen.
Geh im Segen und gesegnet bist du. Segen wirst du, wohin dich der Weg auch führt.
Das Heidenheimer Ökumenegebet
"Jesus Christus, du liebst deine eine Kirche. Du legst uns aufs Herz, einander zu lieben. (Johannes 15,12)
Entzünde uns neu in deiner Liebe, dass wir in den Mitchristen der anderen Konfessionen dich finden und lieben.
Öffne unsere Herzen für ihre Art und Weise dich zu lieben, zu feiern und zu ehren, dass wir die Fülle der Glaubensschätze ganz neu verkosten.
Wir bringen vor dich all die Wunden, die wir einander durch Stolz und Unachtsamkeit zugefügt haben, - mit tief betroffenem Herzen. Vergib du uns und heile uns.
In deiner Liebe verbinde uns zu wahren Brüdern und Schwestern, dass wir aus ganzem Herzen deine versöhnende Liebe bezeugen (Johannes 17,21) - mit der Gemeinschaft aller Heiligen gestern, heute und morgen. Amen."